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Karriere

Die neue Meisterklasse für Fotografinnen und Fotografen

Peter Berger ist Berufsfotograf und Leiter der Meisterklasse Fotografie am WIFI Wien. Wir wollten von ihm wissen, wie sich diese Ausbildung verändert hat und warum eine Adaptierung notwendig war.


Herr Berger, warum heißt die Meisterklasse eigentlich noch so, wo es doch gar keine Meisterprüfung mehr gibt?

Es stimmt, die Berufsfotografie ist seit 2013 ein freies Gewerbe und damit werden auch keine Meistertitel mehr vergeben. Alternative Qualifikationen, wie QAP, ZBF, oder HBB sind allerdings weitgehend unbekannt. Deswegen halten wir an der alten Bezeichnung fest. Unter einer „Meisterklasse“ kann sich jede:r etwas vorstellen: nämlich eine fundierte Ausbildung auf höchstem Niveau in dieser Branche – und die bekommen die Teilnehmer:innen in diesem Lehrgang.


Warum war eine Adaptierung der Ausbildung notwendig?

Wir wollen die Präsenzzeit so zeitgemäß und praxisnah wie möglich gestalten. Die Teilnehmer:innen sollen nicht das Gefühl haben, dass sie etwas lernen, das im Profi-Alltag keine Bedeutung (mehr) hat. Da gab es früher einige Dinge, die wurden hauptsächlich für eine Qualifikationsprüfung gelernt. Die Fotografie und auch der Beruf haben sich weiterentwickelt. Die gewonnene Unterrichtszeit können wir für aktuelle Themen und mehr Praxis nutzen.


Können Sie uns ein paar konkrete Beispiel dazu nennen?

Natürlich. Technisches Detailwissen ist immer noch relevant, aber die Themen haben sich verändert. Heute muss man die Vor- und Nachteile eines globalen Verschlusses kennen, aber nicht den internen Linsenaufbau von Objektiven. Eine exakte Belichtung, auf 1/3 Blende genau, ist auch nicht mehr wichtig, aber die ISO Invarianz seines Sensors sollte man kennen.

Das Fotografieren bei natürlichem Licht hat einen größeren Stellenwert. Dank guter Bildqualität bei sehr hohen ISO-Werten sind Bilder möglich, von denen man früher nur träumen konnte. Blitzlicht kann daher viel natürlicher oder kreativer eingesetzt werden, weil es für die Grundbeleuchtung der Szene nicht mehr notwendig ist.

Weiters ist ein effizienter digitaler Workflow ungemein wichtig um großen Datenmengen in kurzer Zeit zu verarbeiten. Wir entwickeln in Adobe Lightroom, nicht mehr in Dosen. Zum Beispiel wird der richtige Umgang mit echten HDR-Bildern inklusive Präsentation auf HDR-Monitoren in Zukunft eine größere Rolle spielen als Dunkelkammerkenntnisse.

Auch die Bildbearbeitung mit KI-Unterstützung wird selbstverständlich. Wir müssen die Fotograf:innen von morgen darauf vorbereiten, wie sie von diesen neuen Tools profitieren können. Die KI wird die Fotografie nicht ersetzen, aber ganz bestimmt verändern.

Ein Vergrößerer war früher einen Meter hoch und hatte über 20kg. Heute ist es eine Software, die dank KI wahre Wunder vollbringen kann.

Das Geschäftsmodell einer Niederlassung mit Fotostudio für Laufkundschaft hat weitgehend ausgedient. Wir fotografieren öfter bei Kund:innen oder on Location und benötigen dazu einen mobilen digitalen Workflow. Vielleicht müssen die Bilder während des Shootings schon auf einem Tablet gezeigt oder sogar live bearbeitet werden.

Das Wissen über DSGVO-konformes Archivieren von Fotos und aktuelle Drohnengesetze sind wichtiger als die Kenntnis über die richtige Entsorgung chemischer Stoffe einer Dunkelkammer.

Auch die eigene Persönlichkeit (und damit die der Fotos) und ihre Vermarktung ist wichtiger geworden. Der besondere Stil, wegen dem man schlussendlich gebucht wird.


Sie erwähnten Qualifikationsprüfungen. Gibt es sie nicht mehr?

Doch, derzeit gibt es den ZBF+. Den QAP gibt es nicht mehr und in Zukunft könnte es einen HBB geben. Und dann wäre noch der QEP. Sie sehen selbst, es ist sogar für Fotograf:innen unübersichtlich. Für einen Kundenauftrag, egal ob privat oder gewerblich, sind diese Qualifikationen heute leider nicht relevant.

Wenn ein:e Teilnehmer:in zu so einer Prüfung antreten möchte, dann unterstützen wir sie/ihn nach besten Kräften, aber es soll kein zentraler Punkt im Lehrplan sein. Diese Entscheidung war notwendig, um die oben genannten Modernisierungen durchzuführen.


Was erhalten die Teilnehmer:innen dann nach Abschluss der Meisterklasse?

Am Ende der Meisterklasse halten wir eine Prüfung in Theorie & Praxis ab. Bei erfolgreichem Abschluss erhalten die Teilnehmer:innen ein Zeugnis und ein WIFI-Diplom.


Wie sieht diese Prüfung aus?

Die Theorieprüfung haben wir so ausgelegt, dass sie ein:e Profifotograf:in ohne zu Lernen locker schaffen kann. Sie hat 100% Praxisbezug. Wir wollen ein Auswendiglernen unbedingt vermeiden.

Im Praxisteil wird ein Portfolio bewertet, dass die Teilnehmer:innen während des Lehrganges anfertigen. Dazu gibt es laufend Unterstützung und Feedback, sodass eigentlich nichts schiefgehen kann.


Für alle, die sich jetzt zur Meisterklasse anmelden möchten: Gibt es Voraussetzungen?

Es gibt ein Vorgespräch, in dem wir die Vorkenntnisse und Erwartungen eruieren. Das Niveau der Teilnehmer:innen sollte homogen sein. Übrigens: der positive Abschluss des Lehrgangs „Ausbildung zum/zur Berufsfotografin - Diplomlehrgang“ berechtigt automatisch zur Teilnahme an der Meisterklasse! Für alle anderen habe ich 3 Tipps mitgebracht, wie sie sich am besten auf das Gespräch vorbereiten können.
 



Tipps zur Vorbereitung auf das Aufnahmegespräch zur Meisterklasse Fotografie:

Belichtung
Sie kennen die Auswirkungen von Belichtungszeit, Blenden- und ISO-Wert auf das Foto. Sie stellen mindestens einen dieser Werte regelmäßig vor der Aufnahme händisch ein. Sie kontrollieren das Histogramm nach der Aufnahme.


Licht
Sie haben Lichtquellen bereits bewusst eingesetzt oder zu Ihrem Vorteil verändert. Sie können den Einfluss von Richtung, Farbe, Intensität und Größe der Lichtquelle(n) auf ihr Motiv vorhersagen.


Portfolio
Ihr Portfolio ist makellos gedruckt und zeigt Ihre Leidenschaft. Sie können bei jedem Foto erklären, warum Sie es ausgewählt haben und wie es entstanden ist.
 



Peter Berger ist Berufsfotograf und Fachbereichsleiter am WIFI Wien.


 

Bildcredit: © Lightfield Studios – stock.adobe.com (Titel)

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