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Allgemein

Gewaltfreie Kommunikation im Kinderzimmer

Nicht nur Schläge können Kinder tief verletzen – auch Worte haben diese Macht. Das Modell der Gewaltfreien Kommunikation bietet eine Alternative: Erziehung mit Empathie statt Empörung.


1. Verletzungsmuster erkennen

„Jetzt stell dich nicht so an!“ – Viele Erwachsene kommunizieren in unreflektierten Sprachmustern, die den Selbstwert eines Kindes schädigen und es sogar krank machen können – denn eine gekränkte Seele macht irgendwann auch körperlich krank. Noch immer hört man auf Spielplätzen Sätze wie: „Da gibt’s jetzt keinen Grund zu weinen“ (vermittelt dem Kind, dass seine Gefühle falsch sind) oder „Ist doch nicht so schlimm“ (vermittelt dem Kind, dass seine Wahrnehmung der Situation nicht stimmt). Ein Gespräch mit dem Kind abzubrechen, weil sein Verhalten für den Erwachsenen nicht „gepasst“ hat, oder es vor anderen Kindern zu beschämen (zum Beispiel, weil es sich bei etwas schwerer tut als Gleichaltrige), sind auch Formen verbaler Gewalt. Manchmal versteckt sich seelische Vernachlässigung aber auch hinter Sprachmustern, die auf den ersten Blick positiv klingen: „Das hast du heute gut gemacht! … Nicht so wie sonst.“


2. „Altlasten“ loswerden

Sprache ist ein Werkzeug, das wir ständig verwenden – meist, ohne seine Wirkung zu reflektieren: Zwar haben wir früh sprechen gelernt, indem wir Sprachmuster unseres Elternhauses nachgeahmt haben. Doch wer denkt schon darüber nach, ob sich dieser Stil positiv oder negativ auf die Umgebung auswirkt? Fühlen wir uns im späteren Leben im Gespräch mit unseren eigenen Kindern angegriffen oder in die Enge getrieben, geraten wir in Stress. Diese Stressreaktion blockiert komplexere Denkfunktionen. Stattdessen greifen reflexhaft Selbstverteidigungsmechanismen, die uns selber überraschen. Um solche „negativen Altlasten“ loszuwerden, gilt es, drei Fragen zu reflektieren:
  • Welche Aussagen triggern mich?
  • Mit welchen Mustern reagiere ich?
  • Welche Gefühle treiben mich dabei an?
Oder anders gesagt: Wir müssen unseren ganz persönlichen „roten Knopf“, der uns emotional an die Decke gehen lässt, wenn andere ihn drücken, verstehen und abstellen.


3. Wer gekränkt ist, kränkt

Gewaltvolle Kommunikation ist immer mit Schmerz verbunden: Sie verletzt Kinder seelisch und (indirekt) körperlich, aber auch die Erwachsenen, die auf diese Weise kommunizieren, tun das aus einem eigenen Schmerz heraus und im Bewusstsein ihrer eigenen unerfüllten Bedürfnisse. Unbewusst suchen wir einen Weg, unseren eigenen Schmerz weiterzugeben, vielleicht in der Hoffnung, dass er erträglicher wird, wenn wir ihn teilen. Wer sich diesen Teufelskreis bewusst macht, tut einen wichtigen Schritt, ihn zu durchbrechen.


4. Empathie zeigen

Laut Marshall B. Rosenberg, Entwickler der Gewaltfreien Kommunikation (siehe Infobox), basiert gelingende Kommunikation auf Empathie – nicht zuletzt in der Kindererziehung. Gewaltfreie Kommunikation gibt dem Kind die Chance, sich mit Wahrnehmungen, Bedürfnissen und Gefühlen der Erziehenden auseinanderzusetzen, statt nur deren Forderungen zu erfüllen. Indem Erwachsene ihre eigenen Gefühle offenlegen und anschließend eine konstruktive Bitte an das Kind formulieren, erreichen sie mehr als mit den klassischen Macht-Methoden: Fordern, Drohen, Beschämen.

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"Auch wenn wir die Art und Weise, wie wir sprechen, nicht als ‚gewalttätig‘ betrachten, führen Worte oft zu Verletzungen und Schmerz, sei es bei anderen oder bei uns selbst."

Marshall B. Rosenberg

5. Konstruktiv statt kritisch

Stellen Sie sich folgende Szene vor: Im Kinderzimmer herrscht Chaos. Gäste werden erwartet. Wie reagieren Sie als Erwachsener? Viele würden in einem wütenden Reflex Kritik formulieren: „Immer liegt bei dir alles herum! Räum endlich auf!“ Es geht aber auch anders. Wenn Eltern oder erwachsene Bezugspersonen die vier Schritte der Gewaltfreien Kommunikation (siehe Infobox) beherzigen, könnte das Gespräch auch so verlaufen: „Martin, mir fällt auf, dass übers ganze Zimmer Zeug verstreut ist.“ (Beobachten) – „Ich fühle mich nicht gut damit, dass die Sachen am Boden liegen.“ (Gefühl zeigen) – „Mir ist wichtig, dass es bei uns im Haus ordentlich ist.“ (Bedürfnis artikulieren) „Kannst du bitte deine Spielsachen wegräumen, dein Gewand in den Wäschekorb legen und die Essensreste entsorgen?“ (Handlungsoptionen aufzeigen)


6. Achtsamkeit vorleben

Wer Kindern diese Abläufe der Gewaltfreien Kommunikation vorlebt, hilft ihnen, achtsam mit sich und anderen Menschen umzugehen. Kinder verstehen, dass andere Menschen andere Wahrnehmungen und Werte haben, und lernen Respekt und Empathie anderen gegenüber – zugleich aber auch, die eigenen Bedürfnisse zu artikulieren. Kinder, die in einer derart achtsamen Umgebung aufgewachsen sind, können zu verantwortungsvollen, mitfühlenden Menschen reifen. Während andere Kinder unter dem Druck erwachsener Machtdemonstrationen Schuld und Scham empfinden, können sie wirklich selbstbewusst agieren.


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Vier Schritte der gewaltfreien Kommunikation

  1. Situation beobachten
  2. Das eigene damit verbundene Gefühl erkennen
  3. Die eigenen Bedürfnisse artikulieren
  4. Eine Bitte formulieren

 
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Petra Lippay ist akademische Kommunikationsmanagerin für Integrierte Kommunikation/Public Affairs sowie Kindergarten und Hortpädagogin, dreifache Mama, freie Referentin und Inhaberin von beziehungswert.at.

Bildcredits: © lordn | stock.adobe.com (Header), © Petra Lippay (Portrait)
 


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