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Management und Führung

Mit „Recht“ durch den Arbeitsalltag

Arbeitsrecht ist ein essenzieller Bestandteil von Führung. Grundlagenkenntnisse und regelmäßige Updates sind entscheidend dafür, dass sich Führungskräfte bei ihren Handlungen in Sicherheit wissen. Arbeitsrechtsexpertin Dr. Alexandra Knell im Interview darüber, was Spitzenleute im Kontext von rechtlichen Themen der Arbeit bewegt.

WIFI Wien: Welche Themen treten häufig im Führungsalltag auf?

Knell: Kernthemen sind Krankenstand, Urlaub, Arbeitszeit und deren gesetzlicher Rahmen – vor allem bei Überschreitung – sowie Rechte und Pflichten rund um die Beendigung von Dienstverhältnissen. Zudem sind es immer mehr Themen wie Gleichbehandlung und Diskriminierung, womit sich Führungskräfte auseinandersetzen müssen.

WIFI Wien: Gibt es Fälle, die häufig vorkommen?

Knell: Durch Social Media immer öfter eine Diskussion: Ein/-e Mitarbeiter/-in ist krank, ich sehe aber auf Facebook, dass er/sie auf einer Party war. Ob dies gleich ein Entlassungsgrund ist, hängt von den individuellen Umständen ab. Mit einer Angina wäre ein Party-Besuch ein No-Go, hat jemand ein Burnout, kann er/sie aber sehr wohl auch ausgehen. Wenn ein/-e Mitarbeiter/-in nicht zur Arbeit erscheint, weil er/sie am Vortag zu viel gefeiert hat, heißt es von der Führungskraft oft: „Dann ist das heute ein Urlaubstag.“ Das ist jedoch falsch. Die Führungskraft kann dies dem/der Mitarbeiter/-in anbieten, diese/-r muss aber darauf nicht einsteigen. Eigentlich wäre ein Tag Entgeltverlust abzurechnen. Ein Fall, der besonders in der Urlaubszeit Thema ist: Ein/-e Mitarbeiter/-in bekommt im Urlaub keinen Flieger mehr, diese Dienstverhinderung muss leider oft der/die Arbeitgeber/-in schlucken.

WIFI Wien: Arbeitszeitüberschreitungen stellen Unternehmen vor Herausforderungen – welche?

Knell: Seit 2014 gibt es eine Verschärfung der Strafen bei Arbeitszeitüberschreitungen. Die Arbeitszeitregelungen sollen den Arbeitnehmern/-innen als Schutz dienen. Daher ist das Arbeitsinspektorat sehr rigoros. Schon bei 5 Minuten Überschreitung kann es zu einer Strafe kommen. Und: Je öfter Fehlverhalten aufgedeckt wird, desto höher fallen beim nächsten Mal die Strafen aus.

WIFI Wien: Wie wird das kontrolliert und wer haftet dafür?

Knell: Das Arbeitsinspektorat kann jederzeit unangekündigt vorbeikommen und Einsicht in die Arbeitszeiterfassung nehmen. Es zählt auch kein „Ich habe keine Unterlagen“, dann werden andere Messungen herangezogen wie z.B. PC-Protokolle. Hierfür haftet der/die Geschäftsführer/-in oder Vorstandsvorsitzende direkt, außer er/sie hat eine/-n Arbeitszeitbeauftragte/-n ernannt. Daher sind die Mitarbeiter/-innen anzuhalten, die Vorschriften genau einzuhalten. Der/Die Arbeitgeber/-in muss jedoch die Rahmenbedingungen so planen, dass dies möglich ist. Personalengpässe können nicht durch Stundenaufstockungen ausgeglichen werden, sondern es muss nachbesetzt werden. Dadurch wird der Druck auf die Betriebe erhöht, sich ein gelingendes Arbeitszeitmodell zu überlegen.

WIFI Wien: Gleichbehandlung steigt in der Bedeutung, was gilt es hier zu beachten?

Knell: Führungskräfte sollten sich darüber klar sein, dass Diskriminierungsempfinden etwas sehr Subjektives ist. Um selbst nicht in Konflikte zu geraten, diese in Teams zu vermeiden oder nicht Gefahr zu laufen, ein Unbehagen oder gar eine Belästigung bei einem/-r Mitarbeiter/-in zu übersehen, ist es wichtig, dafür zu sensibilisieren. Fragen Sie sich: Was kann man sagen und wo hört der gute Scherz auf, angefangen bei Blondinen-Witzen? Auch, wenn Betroffene sich nichts zu sagen trauen, muss ein geduldetes Verhalten nicht immer sozial adäquat sein und kann sich rächen. Als Führungskraft habe ich hier eine Fürsorgepflicht gegenüber meinen Mitarbeitern/-innen.

WIFI Wien: Was sind die wichtigsten Neuerungen für 2017?

Knell: Hervorheben möchte ich das Wiedereingliederungsteilzeitgesetz. Dieses soll Mitarbeitern/-innen, die lange im Krankenstand waren, die Möglichkeit, bieten, langsam wieder zurück ins Arbeitsleben zu kommen. Es besteht allerdings kein Rechtsanspruch, sondern es wird im Einzelfall entschieden, ob diese Variante angeboten wird. Die Eckpunkte dafür sind: Es muss ein mindestens 6-wöchiger Krankenstand vorliegen und die Regelung darf für 1 – 6 Monate in Anspruch genommen werden. Mit der Organisation fit2work wird ein Wiedereingliederungsplan erarbeitet. Die Arbeitszeit darf 12 Stunden pro Woche nicht unterschreiten, der/die Dienstnehmer/-in bekommt ein aliquotes Entgelt, ein Teil wird durch die WGKK ausgeglichen.

WIFI Wien: Auch vom Papa-Monat hört man häufig. Bekommt man den automatisch?

Knell: Der Papa-Monat ist relativ neu. Väter können sich zwischen 28 und 31 Tagen innerhalb der ersten 91 Tage nach der Geburt ihres Kindes frei nehmen und erhalten einen Teil des Kinderbetreuungsgeldes. Auch hier gibt es keinen Rechtsanspruch und es ist eine Zustimmung des/der Arbeitgebers/-in nötig. Gewisse Kollektivverträge haben allerdings den Papa-Monat bereits festgesetzt.

WIFI Wien: Zum Abschluss: Was hat Sie persönlich dazu bewogen, sich auf Arbeitsrecht zu spezialisieren?

Knell: Der Themenbereich ist sehr abwechslungsreich und vielfältig. Jeder Fall und Tag ist anders, es wird nie langweilig. Die Judikatur verändert sich ständig, und durch die stetige Entwicklung bleibt es spannend.

(c) Johannes Zinner
Dr. Alexandra Knell ist Juristin mit Schwerpunkt Arbeitsrecht, Wirtschaftsmediatorin und Trainerin sowie Vortragende, u.a. im WIFI Management Forum

Bildcredits: (c) niroworld/Shutterstock.com

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