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Das Mitarbeitergespräch gilt oft als unbeliebte Pflichtübung. Vorbehalte von Führungskräften und Mitarbeitern/-innen führen dazu, dass es nebensächlich behandelt wird. So geht der Nutzen verloren. Studien belegen jedoch die positiven Auswirkungen auf Mitarbeiterzufriedenheit, Motivation und Leistungsoptimierung. Worauf ist zu achten, damit Jahresgespräche ihre Wirkung entfalten? Diesem Geheimnis gehen wir mit Hilfe von Experten/Expertinnen auf den Grund.
Die betriebswirtschaftlich motivierte Idee des Führens nach Zielen stammt aus den 50er-Jahren, von Peter F. Drucker. Das Tool hat sich bewährt und wird immer noch in Betrieben eingesetzt. Später wurde das Konzept um die Komponente der Entwicklungsorientierung erweitert. Heute ist die konkrete Ausrichtung von Mitarbeitergesprächen teilweise verwässert. „Feedback, Zielvereinbarungen und Entwicklungsgespräche werden oft mit Gehaltsverhandlungen vermengt – mit fatalen Folgen“, weiß Birgit Zinöcker. Es geht dann oft nur mehr darum, zu erklären, warum eine Gehaltserhöhung oder eine Prämie gerechtfertigt sei. Der eigentliche Sinn und Zweck des Mitarbeitergesprächs, nämlich sich gegenseitig Feedback zu geben und eine gemeinsame Zukunftsperspektive zu entwickeln, geht dabei verloren.
Zentrales Führungsinstrument
„Es ist ein Instrument des Austausches mit der tollen Möglichkeit, Feedback zu bekommen, um das eigene Führungsverhalten zu verbessern oder Ziele flexibel anzupassen – sogar gratis“, so Günther Mooshammer. Eine Studie des deutschen Bundesministeriums und Instituts für Arbeitsmarkt und Berufsforschung (IAB) hat Wirkungsweisen und Einsatz von Mitarbeitergesprächen genau analysiert. Demnach verfügen 72 % der Betriebe über strukturierte Mitarbeitergespräche, bei den Betrieben, die über 500 Mitarbeiter/-innen beschäftigen, sind es sogar 81 %. Die Studie belegt, dass Mitarbeiter/-innen, mit denen Gespräche geführt werden, eine höhere Arbeitszufriedenheit sowie höheres Engagement aufweisen und sich stärker an den Betrieb gebunden fühlten. „Dreh- und Angelpunkt sind die Führungskräfte. Deren Haltung und Vorgehensweise entscheidet über die Qualität des Mitarbeitergesprächs“, sagt Mooshammer. Es sei wichtig, dass Führungskräfte die strategischen Ziele der Firma gut kennen und vermitteln können. „Sie sind dafür zuständig, den Mitarbeitern/-innen ihren Beitrag klar zu vermitteln“, weiß Hinner-Hofstätter. Denn das allein motiviert dazu, Ziele wichtig zu nehmen und erreichen zu wollen.
Nicht nur ein Ausschnitt
Im Mitarbeitergespräch geht es um Beziehungsaufbau und Vertrauensbildung. Dazu sei eine intensive Auseinandersetzung mit dem/der jeweiligen Mitarbeiter/-in nötig. „Ein wirkungsvolles Gespräch kommt nur zustande, wenn ich mich das ganze Jahr intensiv darum kümmere“, so Mooshammer. „Ad-hoc-Feedback braucht es natürlich auch. Im Jahresgespräch kann ich nochmals spezielle Muster ansprechen und konkrete Vorschläge zur Verbesserung gemeinsam erarbeiten“, erklärt Dagmar Hinner-Hofstätter. In der Praxis sieht es jedoch häufig so aus, dass die Führungskraft sich erst ein paar Wochen vor dem Gespräch mit dem/der Mitarbeiter/-in auseinandersetzt. Der/Die Mitarbeiter/-in hingegen versucht noch rasch an der Zielerreichung zu feilen, die er/sie das gesamte Jahr davor meist nicht im Visier hatte. So würde beim gegenseitigen Feedbackgeben wie auch bei der Leistungsbeurteilung immer nur ein kleiner Ausschnitt herangezogen. Beide Bewertungen seien dann nicht objektiv genug und wenig aussagekräftig für ein gutes Jahresresümee. Dadurch entstünden oft auch Enttäuschung, Konflikte und das subjektive Gefühl ungerechter Bewertung.
Vorbereiten und reflektieren
Gute Vorbereitung ist das „Um und Auf“ für ein gelingendes Gespräch. Die Experten/Expertinnen raten dazu, sich während des Jahres genaue Aufzeichnungen zu machen. „Sowohl positive als auch kritische Situationen“, so Zinöcker. Denn steht man dann vor der Situation, könne man sich oft selbst nicht mehr daran erinnern – weder an die Erfolge noch an die Dinge, die stören. Führungskräfte könnten sich eine Datei für jede/-n Mitarbeiter/-in anlegen und wichtige Ereignisse festhalten. Mitarbeiter/-innen sollten eine Art Tagebuch führen. Nach dem Motto: Was ist mir gut gelungen, was habe ich versucht, vom Feedback umzusetzen, passen die Ziele noch zu den aktuellen Entwicklungen, wo könnte ich noch Hilfe brauchen?
Beobachten, nicht werten, klar sprechen
„In vielen Fällen zeigt sich, dass Führungskräfte sich nicht trauen, auch Probleme oder schwierige Verhaltensweisen bei Mitarbeitern/-innen anzusprechen. Das zu üben ist das Kernstück meiner Führungskräftetrainings“, so Zinöcker. Oft gäbe es durch die Konfliktscheue der Manager/-innen zu gute Bewertungen und Mitarbeiter/-innen bekämen wichtiges Feedback, und damit die Möglichkeit, sich zu entwickeln, nicht. Weil das eine Einbahnstraße ist, gehen einige Konzerne sogar so weit, einen Verteilungsschlüssel für Einstufungen vorzugeben, um Führungskräfte zu zwingen, sich auch schwierigen Bewertungsgesprächen zu stellen. Man brauche aber keine Angst davor zu haben. Es sei sogar fruchtbarer, auch Kritik zu üben. Diese müsse allerdings klar und direkt formuliert sein. „Der Ton macht die Musik“, so Hinner-Hofstätter. „Sehr oft bekommt man nach einiger Zeit, auch wenn erst die Emotion hoch war, das Feedback der Mitarbeiter/-innen, dass es doch gut war, den Punkt so direkt anzusprechen, und sie sich rückblickend verbessern konnten“, weiß die Expertin.
Analyse und Reflexion
Um den/die Gesprächspartner/-in nicht zu demotivieren oder zu brüskieren, ist es wichtig, Bewertungen zu vermeiden. Wir neigen dazu, sofort zu bewerten, und drücken Feedback auch mit dieser Wertung aus. Daher haben wir es oft gleich mit einer Abwehrreaktion des Gegenübers zu tun. „Das geht, indem Sie sich Zeit zum Analysieren nehmen, nicht immer sofort reagieren und objektive Beobachtungen notieren wie „Mir ist in der Situation aufgefallen …“, so Hinner-Hofstätter. „So können Sie konkrete Beispiele ansprechen, was zeigt, dass Sie sich wirklich Gedanken machen und Kritik nicht pauschalisieren“, weiß Zinöcker. Auch würde es helfen, sich selbst vor Augen zu führen, dass jede/-r seine eigene Wirklichkeit hat. „Wenn wir Kritik üben, ist das oft nur eine Hypothese, basierend auf unseren subjektiven Eindrücken, aber nicht die Wahrheit. „Ein Tipp: Üben Sie, nur Beobachtungen zu kommunizieren, ohne jegliche Interpretation – das wird mit mehreren Durchgängen immer besser“, so Zinöcker. Das Mitarbeitergespräch eignet sich dafür besonders, denn hier kommt das Feedback bereits mit der nötigen Distanz zur Ursprungssituation. „Sie sollten nur das kritisieren, was tatsächlich veränderbar ist“, rät Hinner-Hofstätter. Und: „Sprechen Sie in der ICH-Perspektive und schwächen Sie nie Argumente des anderen ab oder überdramatisieren Sie nicht.“
Atmosphäre für Offenheit
Um Wertschätzung zu zeigen und Leistung überhaupt beurteilen zu können, solle es Ziel sein, im Gespräch nicht nur an der Oberfläche zu bleiben. Damit das möglich ist, braucht es auch den entsprechenden Rahmen. So soll beispielsweise der/die Mitarbeiter/-in den Termin selbst wählen können. Wichtig ist, dass beide genug Vorbereitungszeit haben und der Termin zu einer Zeit gewählt wird, an dem ohne Stress miteinander gearbeitet werden könne. Auch der Zeitfaktor spielt hierbei eine Rolle. „Ein gewisser zeitlicher Rahmen ist sinnvoll, aber: eine Open-end-Politik hat sich bewährt, weil es ein wirkliches Hinter-die-Fassade-Blicken möglich macht“, so Mooshammer. Unbedingt soll das Gespräch im neutralen Rahmen und nicht im „Revier“ des Chefs oder der Mitarbeiter/-innen stattfinden. „Der/Die Mitarbeiterr/-in soll auch selbst den Sitzplatz wählen. Eine Sitzordnung nicht gegenüber, sondern ums Eck hat sich als offener herausgestellt“, weiß Hinner-Hofstätter.
Fragen, zuhören, annehmen
Ängste, Missverständnisse und Konflikte entstehen oft durch unzureichendes Feedback, fehlende Wertschätzung oder unklare Zielsetzung. Ein Mittel, um Konflikten vorzubeugen: „Wenn ich als Führungskraft mehr frage, bekomme ich mehr Klarheit, sowohl über die Einschätzung der eigenen Leistung des/der Mitarbeiters/-in, als auch ehrliches Feedback zu meinem Führungsstil“, so Zinöcker. Mitarbeiter/-innen könnten sich meist sehr viel genauer einschätzen, als das Führungskräfte oft erwarten. Daher soll die Redezeit des/der Mitarbeiters/-in weit mehr als 50 % betragen. So könne vermieden werden, dass die Bewertung dem/der Mitarbeiter/-in einfach übergestülpt werde. Ist das Gespräch mehr auf Konsens und Lösungen, die für beide passen, ausgerichtet, sind die Chancen für eine Umsetzung höher. Generell müsse während des gesamten Gesprächs – vor allem bei Zielvereinbarungen – ein „Abnicken“ von beiden Seiten die Intention sein. Das Commitment des/der Mitarbeiters/-in ist Grundlage für seine/ihre Motivation, die Ziele im Auge zu behalten und zu erreichen. Commitment erfordert aber unbedingt, den Sinn dahinter zu verstehen und mit dem eigenen Wertesystem zu verbinden.
Ziel ist nicht gleich Ziel
Wie und welche Ziele vereinbart werden, hat großen Einfluss auf die Produktivität, aber auch auf die Beziehung. 2 Erfolgsfaktoren dabei sind, die Ziele einerseits GEMEINSAM und andererseits konkret und messbar zu definieren – vor allem wenn eine Bonuszahlung daran geknüpft ist. Letzteres wird in letzter Zeit immer mehr von Beratern/-innen und HR-Verantwortlichen kritisch hinterfragt. „Denn ist der Bonus ausschließlich an ein vereinbartes Jahresziel geknüpft, laufen die Mitarbeiter/-innen wie der sprichwörtlichen Karotte vor der Nase nur mehr dem einen Ziel hinterher und die restliche Arbeit wird als zweitrangig betrachtet“, erklärt Zinöcker. Eine weitere Gefahr wäre, dass die Mitarbeiter/-innen ihre Leistung abgewertet oder nicht wertgeschätzt fühlen, weil nur ein Ziel oder eine Zusatzaufgabe bewertet wird und ihre gute Leistung in anderen Bereichen – z.B. im Tagesgeschäft – in den Hintergrund rückt. „Ganz speziell, wenn unterjährig kein Lob oder Feedback gegeben wird, entsteht rasch dieser Eindruck“, so Zinöcker. Bei MbO stehen quantitative Messungen (Sach- und Aufgabenziele) zu stark im Vordergrund, dabei tritt die qualitative Entwicklung in den Hintergrund. „Eine gute Lösung ist, auch weiche Faktoren (persönliche Entwicklungsziele) einzubinden“, so die Expertin weiter. Mooshammer: „Im Idealfall bleibt bei Zielvereinbarungen nichts außen vor. Ich darf nicht nur Ziele formulieren, die nur einen Ausschnitt der Gesamtleistung betreffen, sondern auch welche, die das gesamte Spektrum des/der Mitarbeiters/-in umfassen“.
Bildcredits: Coverbild: (c) Jesus Sanz/shutterstock