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Ob als Führungskraft, Verkäufer/-in, Bewerber/-in oder Projektmitglied – wer ernst genommen und von anderen „gehört“ werden möchte, arbeitet oft zuerst am äußerlichen Auftritt oder feilt an seinen Kommunikationsinhalten. Das ist zwar wichtig, was jedoch oft zu kurz kommt, ist die Kraft unserer Stimme. „Sie ist ein nicht zu unterschätzendes Transportmittel. Unsere Kommunikation entfaltet ihre Wirkung zu 38 % über den Klang der Stimme, jedoch nur zu 7 % entscheidet der Inhalt“, weiß die Stimmtrainingsexpertin und Buchautorin Ingrid Amon.
Die Stimme ist tiefer, ehrlicher Ausdruck unserer Persönlichkeit. „Personare“ kommt aus dem Lateinischen und heißt „Durchklingen“. Ich klinge, also bin ich. „Wussten Sie, dass Akademiker/-innen über 50 einen neuen Kontakt zu 56 % nach dem Klang der Stimme einschätzen? Oder dass für 81 % aller Österreicherinnen die Stimme über Kennenlernen und Verlieben entscheidet?“, untermauert Amon die hohe Bedeutung der Stimme für unseren Alltag, vor allem aber für die Karriere.
Stimme ist eine Fähigkeit, keine Eigenschaft
Wer nun glaubt, dass unsere Stimme naturgegeben sei, der irrt. Unser Stimmapparat ist angeboren, seine Nutzung und sein Gebrauch angelernt. Der Klang unserer Stimme ist, wie die Sprache oder Verhaltensweisen, zu einem Großteil durch Abschauen und Nachahmen von unserem Umfeld sowie durch Gewöhnungseffekte angelernt worden. Mit der Auswirkung: Sie können Ihre Stimme jederzeit optimieren – sogar recht einfach, mit den richtigen Übungen. „Ebenso wie Sie Ihr Gesicht jeden Morgen reinigen, sollten Sie auch eine Art Reinigung für Ihre Stimme machen“, weiß Ingrid Amon. Ein 5-minütiges Stimmtraining kann helfen, Ihren Standpunkt in Gesprächssituationen besser zu positionieren oder glaubwürdiger und motivierender bei Mitarbeitern/-innen oder Kollegen/-innen anzukommen. „Je weiter Sie Ihr stimmliches Spektrum ausdehnen – Höhen und Tiefen variieren, Tempowechsel und klare Akzente einsetzen –, desto dynamischer Ihre Sprechweise“, erklärt die Stimmtrainerin.
Stimme macht Persönlichkeit
Ebenso wie z.B. aus der Mimik eines Menschen viel wahrnehmbar ist und wir durch unsere Empathiefähigkeit eine Einschätzung treffen, ob uns jemand sympathisch ist, jemand lügt oder auf uns vertrauensvoll wirkt, gibt es diese Effekte auch bei der Stimme. „Sie können lächeln, wenn Ihnen nach Weinen zumute ist. Sie können gleichgültig bleiben, wenn Sie provoziert werden. Doch sobald Sie den Mund aufmachen, schlägt die Stunde der Wahrheit: Ihre Stimme verrät Ihre STIMMung, Ihre Tagesverfassung, Ihre innere Überzeugung trotz aller schönen Worte. Ihre Stimme bestimmt die Wirkung, die Sie bei anderen haben“, erklärt Ingrid Amon. Die Glaubwürdigkeit des Sprechenden ist zu einem großen Teil von seinem Klangvolumen, der Deutlichkeit der Aussprache, der Stimmhöhe, der Modulation, der Lautstärke und der Festigkeit seiner Stimme abhängig.
Unbewusste Beurteilung des Klangs
Studien zeigen, dass tiefere Stimmen mehr Vertrauen schaffen. Die Beurteilung anhand der Stimme passiert jedoch unbewusst und automatisch. In vielen Branchen und Berufen oder Positionen ist es mittlerweile durchaus üblich, Durchsetzungseffekte durch Training der Stimme herbeizuführen. Vor allem Frauen in Führungspositionen machen sich das immer stärker zu Nutze. So fanden australische Wissenschaftlerinnen heraus, dass Frauenstimmen in den letzten 60 Jahren an Tiefe zugenommen haben.
Wie Sie die Stimme trainieren
„Gepresste Wörter, flacher Atem, halbverschluckte Silben, eine zu laute oder zu leise Stimme bleiben oft Beiwerk auch gut geschulter Rhetoriker“, weiß Ingrid Amon aus Erfahrung. Das Training mit den tatsächlichen Sprechwerkzeugen kommt oft zu kurz. Stimme ist wesentlich mehr, als den Mund aufzumachen. Sprechen ist eine Spezialfunktion des Atems, eine Leistungsfunktion der Atmung. Jedes Sprechtraining sollte daher mit einer Ökonomisierung der Atmung beginnen. „Rasch, geräuschlos und ohne Krampf einatmen, wohldosiert, sparsam, ohne Druck und Verhauchen auf dem Ausatemstrom die Wörter mitschicken“, rät die Expertin. Trainiert werden die bei der Atmung eingesetzten Muskelpartien, vor allem das Zwerchfell. Kehlkopf, Mund, Zunge, Zähne, Lippen spielen ebenso wesentliche Rollen und müssen mit gezielten Übungen geweckt, stimuliert und ‚in Schuss‘ gehalten werden“, weiß Amon. Mit den eigenen Ohren muss man auch lernen, seine Stimme selbst gut zu kontrollieren.
Mit vollem Körpereinsatz zur starken Persönlichkeit
Die Gesamtkörperhaltung ist für die Sprech- und Stimmdynamik von Bedeutung: guter Stand und lockere Schultern sowie angemessene Handbewegungen. Auch Lampenfieber-Erscheinungen sowie Redeblockaden können mit passendem Stimmtraining verbessert werden. „Immer geht mit einer Entfaltung Ihrer Stimme eine Entfaltung Ihrer Gesamtpersönlichkeit einher, die Sie zu mehr Freude am Sprechen führt. Eine Investition in die Stimme lohnt sich: Stimme ist immer original und unverwechselbar. Sie haben stets Ihr ureigenstes Instrument mit dabei.“
Bildcredits: (c) Africa Studio/shutterstock