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Ob Aktien, Anleihen, Optionsscheine oder Zertifikate: Das Handeln an der Börse muss gelernt sein. Ein Interview mit Erwin Hof, Leiter der Wiener Börse Akademie.
Die Aussicht auf das große Geld hat früher für viele Trader eine große Rolle bei der Berufswahl gespielt. Welche Motive stehen heute im Vordergrund?
Erwin Hof: Menschen wollen nicht nur Konsumenten/-innen sein, sondern auch vom Wirtschaftswachstum profitieren. Wer sich als Anleger/-in eine langfristige Strategie gibt, macht sich vom unterjährigen Auf und Ab an den Börsen unabhängig. Investieren ist ein Marathon und kein Sprint. Professionelle Händler/-innen in den Bankinstituten müssen natürlich auch kurzfristiger agieren. Der Händlerberuf ist gut bezahlt und man ist nah am Puls der Märkte. Das ist ein starker Motivator.
Was sind die Voraussetzungen für die Ausbildung zum/zur Börsehändler/-in?
Ein starkes Interesse an Themen wie Finanzen und Wirtschaft ist für diesen Job ausschlaggebend. Sehr gutes Englisch und ein gutes Zahlengefühl runden die Basics ab. Da es im Handel auch hektisch zugehen kann, sollte man jedenfalls über ein gutes Nervenkostüm verfügen und sich nicht so leicht aus der Ruhe bringen lassen. Wer mathematisch begabt ist und Statistik sein Steckenpferd nennt, bringt ebenfalls wichtige Skills mit. Für die Ausbildung müssen keine formalen Voraussetzungen erfüllt sein. Sie steht selbstverständlich auch Privatanlegern/-innen offen, die ihr vorhandenes Börsenwissen vertiefen wollen oder eine Karriere im Wertpapierhandel anstreben. Rund die Hälfte unserer Lehrgangsteilnehmer/-innen kommt aus dem Privatanlagebereich.
Wovon profitieren die Teilnehmer/-innen bei der Ausbildung am meisten?
Sie profitieren am meisten davon, dass wir die zahlreichen Facetten des Handels beleuchten. Neben unterschiedlichen Wertpapierarten, Derivaten und den Handelsregeln behandeln wir auch Themen wie Chart- und Fundamentalanalyse, rechtliche Aspekte und die Finanzmathematik. Als weiteres Plus wird unser Trainer-Team genannt, das aus Händlern/-innen, Fondsmanagern/-innen, Vermögensverwaltern/-innen und weiteren Kapitalmarktexperten und -expertinnen besteht und das Wissen praxisnah vermittelt.
Kann man sich als Börsehändler/-in selbstständig machen?
Die Ausübung des Berufs „Börsehändler“ ist an eine Anstellung bei einer Investmentbank oder einem Broker geknüpft. Hier bewirbt man sich klassisch wie für jede andere Stelle. Wer das Händlerdiplom bei der Bewerbung bereits vorweisen kann, ist natürlich im Vorteil und hat höhere Chancen für eine Anstellung. Daneben steht es jedem/-r frei, den Weg der Selbstständigkeit einzuschlagen und als Trader auf eigene Rechnung zu agieren.
Automatisierte Prozesse ersetzen zunehmend die Händler/-innen. Welchen Einfluss hat die Digitalisierung?
Der Einfluss von automatisierten Handelsprogrammen wie Algo-Trading hat in den letzten Jahren sicher an Bedeutung gewonnen. Doch auch für Algo-Trader gibt es verantwortliche Händler/-innen. Also sind nach wie vor Menschen gefragt, die diese Systeme überwachen und ihre Handelsstrategien direkt im Markt umsetzen. Abgesehen davon ist das Arbeitsumfeld der Händler/-innen längst in der digitalen Welt angekommen. Stichwort: Informationsnetzwerke und -quellen.
Was müssen Führungskräfte in Unternehmen über Aktien und Wertpapiere wissen?
Ist das eigene Unternehmen börsennotiert? Falls nein, stellt der Börsengang oder die Begebung einer Unternehmensanleihe für das Management vielleicht eine interessante Finanzierungsalternative dar. Sind meine Geschäftspartner/-innen auch an der Börse gelistet? In diesem Fall kann ich mir leichter zusätzliche Informationen über diese Partner/-innen beschaffen. Aber auch der persönliche Bereich ist von Bedeutung. Wie sieht mein eigener Vermögensaufbauplan, meine Pensionsvorsorge aus? Sie sehen, es gibt viele Gründe, sich mit diesem Thema zu beschäftigen. Bildung ist die Voraussetzung, um Chancen nutzen zu können, und natürlich der beste Anlegerschutz.
Erwin Hof, MSc ist Lehrgangsleiter der Wiener Börse Akademie des WIFI Wien und für den Finanzbildungsbereich der Wiener Börse AG zuständig.
Bildcredits: © Wiener Börse AG