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Lernen & Leben

Die Stehaufmenschen und was wir von ihnen lernen können

Das Wort Resilienz geht etymologisch auf resilere zurück, was so viel wie zurück- oder abprallen bedeutet. Die Lotosblüte dient oft als SymboI: Im Schlamm emporwachsend perlt alles ab, was die Schönheit der Pflanze beeinträchtigen könnte.

Eine wesentliche Säule der Resilienz ist die Lösungs- und Ressourcenorientierung. Dabei geht es nicht darum, DIE eine einzige richtige wahre Lösung zu finden, sondern den nächsten Schritt in die richtige Richtung zu setzen und sozusagen auf Sicht zu fahren in einer komplexen und sich ständig ändernden Welt. Ziele und Erwartungen sind wichtig, aber wir sollten stets bereit sein, Umwege zu nehmen, Ziele und Erwartungen nach Enttäuschungen zu adaptieren.

Das klingt bekannt, richtig und vernünftig. So weit die Theorie. In der Praxis bewegt uns dennoch das Problem mehr, als uns guttut, und wir leiden mehr an dem, was uns fehlt (Defizit).

Ronny Hollenstein, Managementberater, meint dazu: „Ich sehe meine Aufgabe als Trainer und Coach darin, den Blick auf die vorhandenen Ressourcen zu schärfen – sie gleichsam frei- bzw. zu ent-wickeln. Das erreicht man am besten, indem man sich bewusst macht, wie man schon so manches erlernt, vergessen, vergeben, losgelassen und vor allem geschafft hat. Durch die Analyse vergangener Erfolge und was sie ermöglichte, entwickeln wir unsere Ressourcen: Rahmenbedingungen, Orte, Personen, Motivationen, Techniken, Methoden usw.“

Da die Rahmenbedingungen unser Verhalten sehr beeinflussen, schaffen wir manchmal etwas unter gewissen Umständen und in gewissen Bereichen (im Privaten, gegenüber bestimmten Personen, beim Sport, im Urlaub, früher etc.), während wir in anderen versagen. Durch die Analyse der Rahmenbedingungen und Umstände bei diesen Ausnahmen zum Problem entdecken wir wieder Ressourcen, die wir schrittweise ausbauen können.

Wer zu lange im Problem verharrt, vergiftet sich regelrecht. Sehr wörtlich zu nehmen ist deshalb Nelson Mandelas Zitat: „Sich ärgern ist wie Gift trinken in der Hoffnung, der andere stirbt.“

Aber wie soll man Ärger, Trauer, Misstrauen, Neid, Grübeleien einfach abstellen und soll man das überhaupt? Wie immer macht hier die Dosis das Gift: Kleine Wutausbrüche sind manchmal befreiend, klärend und nicht zu verhindern. Regelmäßige cholerische Anfälle sind nicht mehr ok. Es gibt auch nicht für jede Situation ein richtiges Verhalten – wir sind keine Roboter und unsere Emotionen sind nicht einfach vernünftig steuerbar.

Helfen können uns Rituale und Strukturen. Rituale sollen uns helfen, die Stimmung zu verändern. Niemand erwartet von kleinen Kindern, direkt nach dem Spielen einschlafen zu können – man beruhigt sie über ein allabendlich gleiches Ritual, beispielsweise: Hände waschen, essen, Zähne putzen, Pyjama anziehen, Gute-Nacht-Geschichte lesen, etwas plaudern und „Gute Nacht“ sagen. Das Kind kann ruhig werden und entspannt einschlafen.

Unsere Morgen sind möglicherweise auch ritualisiert, um möglichst schnell wach zu werden. Aber viele von uns kommen nach einem hektischen Tag nach Hause und verdrängen ihren Stress mit Ablenkung statt Verarbeitung. Das Problem: Ist beispielsweise der TV-Thriller vorbei, sind die Gedanken wieder da. Alte Rituale wie Abendgebete, Tagebuch schreiben oder gemeinsames Zusammensitzen sind in Vergessenheit geraten.

Das ordentliche Abschließen des Tages könnte ein ermunterndes Gespräch, aber genauso die gute Planung des nächsten Tages und somit das Abschließen desselben Tages sein.

Wer lange nicht aus seinen Problemgrübeleien, dem ständigen Ärger, dem Gefühl von Ohnmacht und Enttäuschungen herauskommt, vergiftet sich andauernd – und leider auch die Umwelt. Das ständige Gejammer und Anklagen steckt die Mitmenschen an und erhält auch verlässlich Aufmerksamkeit. Ein/-e Kollege/-in in der Besprechung, der/die ständig im Kreis drehend ein und dasselbe Problem erklärt, ohne auch nur einen einzigen Schritt in Richtung Lösung vorzuschlagen oder zu akzeptieren, kann stundenlang Zeit verschwenden: Da es primär um ihn/sie geht, sitzen die anderen untätig herum. Interessanterweise sind aber oft genau diese Zeitverschwender/-innen enorm gestresst, was sie auch nicht davon abhält, einem das ständig zu erzählen.

Dennoch ist es schwierig, sich dem Gejammer und den Anklagen anderer zu entziehen bzw. nicht selber in die Falle zu tappen. Ein paar hilfreiche Lösungswege raus aus dem Problemstrudel sind:

Von der Tat zum/zur Lehrer/-in:
Was kann ich über mich und andere aus der Sache an sich und ihren Auswirkungen für die Zukunft lernen?

Seine Schattenseiten beleuchten:
Manche Impulse von außen (Bemerkungen, Vorwürfe, Kritiken, bestimmte Situationen) wirken schlimmer als andere. Wieso? Sehr häufig haben wir Vorverletzungen (schlechtes Gewissen), die beim kleinsten Impuls wieder bluten. Wir rechtfertigen uns dann, wissen nicht mehr, was wir sagen sollen, oder schlagen sofort um uns. Diesen Vorverletzungen auf den Grund zu gehen und zu lernen, sie zu akzeptieren, kann sehr heilsam wirken.

Gedanken stoppen:
Sobald Sie merken, dass Ihre Gedanken den inneren Schweinehund nähren, Sie in eine negative Gefühlsspirale kommen oder sich aus einer Emotion heraus unvernünftig verhalten, erteilen Sie sich einen Stopp-Befehl.

Wert-Schätzung:
Oft ärgern uns andere Menschen bzw. können wir ihnen lange Zeit nicht vergeben und somit das Problem nicht los lassen. Machen Sie einen Perspektivenwechsel und überlegen Sie sich, welche guten (!) Gründe es für das ärgerliche Verhalten für den/die andere/-n gegeben haben mag, welchen Wert er/sie verteidigt hat und welchen Sinn das Verhalten für die Person gehabt haben mag.

Zu guter Letzt sei noch an das weise Wort von Sokrates erinnert: Trachte danach, dass das, was du (dir und anderen – Anm. des Verfassers) sagst, wahr, gut oder zumindest notwendig ist.

© Alek Kawka
Ronny Hollenstein ist Geschäftsführer der Gruppe Hollenstein, Managementberater und Persönlichkeitscoach.

Bildcredits: © Robert Kneschke/Shutterstock.com 

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