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Management und Führung

Soziale Kompetenz: Entscheidend für den Projekterfolg

Soziale Kompetenz ist in, soziale Kompetenz ist notwendig, soziale Kompetenz wird gefordert. Ist das alles nur eine Modeerscheinung, ein kurzfristiger Trend? Oder steckt mehr dahinter? Gastautor Dr. Christian Majer räumt in seinem Beitrag mit Missverständnissen auf und beleuchtet die Bedeutung von sozialer Kompetenz für das Gelingen von Projekten.

Projekte scheitern – leider allzu oft. Das ist hinlänglich bekannt. Warum aber? Unterschiedliche wissenschaftliche Studien kommen alle zum selben Schluss: Nicht, weil das fachliche Know-how fehlt, sondern aufgrund mangelhafter sozialer Kompetenz. Was ist damit gemeint? Unter Sozialer Kompetenz werden Fähigkeiten verstanden, die ein abgestimmtes und koordiniertes Miteinander ermöglichen, eine effektive Zielerreichung im Rahmen einer Projektarbeit. Soziale Kompetenz unterscheidet sich von fachlich-technischer Kompetenz einerseits, sowie methodischer andererseits, und beinhaltetet u.a. folgende Aspekte: Kommunikation, Leadership, Konfliktmanagement, Wahrnehmung, Feedback-Kultur, Motivation, Diversität, Ethik und Selbstmanagement sowie auch den Umgang mit Emotionen. Sieben Thesen sollen die Bedeutung Sozialer Kompetenz im Projektmanagement illustrieren:

1. Gemeinsame Sicht schafft Fokus auf Zielerreichung

Klare Zielformulierungen wirken wie Magnetpole: Sie ziehen magisch an und schaffen eine einheitliche Orientierung aller Beteiligten. Anstatt von allzu detaillierten Anweisungen, Mikro-Arbeitspaket-Beschreibungen und ständigen Kontrollen ermöglicht eine klare Sicht auf den erwünschten Soll-Zustand Klarheit für das eigene Tun sowie Sinnerfüllung. Wenn die einzelnen Projektteammitglieder wissen, was erreicht werden und noch dazu welchen Nutzen das konkrete Projekt bringen soll, wird sehr viel Orientierung geschaffen.

2. Definierte Werte schaffen eine leistungsfähige Projektkultur

Wie wollen wir miteinander im Team umgehen? Was ist richtig und was unpassend? Mit der Vereinbarung von Spielregeln – nicht für immer, nicht für das gesamte Unternehmen und nicht für die ganze Welt, aber doch für das Team – wird eine effektive leistungsstarke Projektkultur geschaffen. Diese besteht für die Dauer der temporären Organisation „Projekt“ bis zur Zielerreichung. Hier sollen Erfahrungen aus früheren Projekten und aktuelle Erwartungen abgestimmt, diskutiert und verdichtet werden. Diese „Spielregeln“ stellen dann die Basis und Legitimation für das gemeinsame Zusammenleben dar und wirken im Projekt quasi als politisch verabschiedete Verfassung auf Zeit.

3. Empowerment = Delegation = Partizipation

Projektarbeit ist Teamarbeit. Teams sind kein Zufall und nicht bloß eine Ansammlung von Personen. Teams sind ein soziales System mit zielorientierter Ordnung. Solch eine Organisation im Kleinformat, die ebenso wie eine große Organisation Koordination und Führung benötigt, lässt sich durch Empowerment der Projektteammitglieder und Teamentwicklung etablieren. Indem Verantwortung, aber auch Befugnisse delegiert werden, entsteht eine nicht autoritäre, nicht formalistisch kontrollierte Selbstorganisation im Team. Partizipation bedeutet dabei, dass alle Teammitglieder Aufgaben und Verantwortung mitübernehmen können und dürfen.

4. Laterales Führen ist die Herausforderung, sich zurückzunehmen

Führung in Projekten heißt nicht, der/die beste FachexpertIn zu sein und bedeutet auch nicht, alle Entscheidungen alleine treffen zu müssen. Vielmehr geht es darum, sich als ProjektleiterIn nicht zu wichtig zu nehmen, zurückstecken zu können und auch andere zur Geltung kommen zu lassen. Es bedeutet auch, für Ausgleich zu sorgen, ruhigeren Teammitgliedern Gehör zu verschaffen und nicht mit formaler Macht „regieren“ zu wollen, sondern auf Basis von gemeinsam getragenen Werten bzw. Spielregeln zu agieren.

5. Feedback-Kultur heißt, sich wertschätzend gemeinsam weiterzuentwickeln

Feedback ist mehr als eine Antwort auf offene Fragen geben oder die tägliche Besprechung zur weiteren Vorgehensweise. Es geht dabei darum, sich eine Reflexionsschleife zu organisieren. Dabei nimmt man sich zu zweit oder im Team Zeit, um über das Bisherige nachzudenken: Was läuft gut? Was weniger? Wie nehme ich den/die andere/-n wahr? Diese subjektiven Ich-Botschaften dienen dazu, sogenannte „Blinde Flecken“, Schatten des eigenen Handelns, erkennen zu können und daraus neue Handlungsoptionen bzw. auch Vereinbarungen im sozialen Umgang miteinander abzuleiten. Eine etablierte, regelmäßig gelebte Feedback-Kultur beugt Konflikten vor und lässt Konfliktsituationen im Anlassfall leichter bewältigen.

6. Man kann nicht nicht kommunizieren

Alles was gesagt, getan oder auch nicht getan wird, kann als Kommunikation ausgelegt werden. Der Erfolg oder Misserfolg von Kommunikationsversuchen kann nicht einseitig dem Sender oder dem Empfänger zugeschrieben werden. Kommunikation ist ein Miteinander, ein sozialer Akt, bei dem es darum geht, Informationen auszutauschen, zu interpretieren, zu diskutieren und letztlich Entscheidungen zu treffen. Erfolgreiche ProjektmanagerInnen verbringen einen Großteil ihrer Arbeit mit mündlicher Kommunikation. Dabei ist ihnen auch bewusst, dass Körper-Sprache und Mimik einen weit höheren Anteil zum Erfolg beitragen als das gesprochene Wort.

7. Diversity in Projekten ist kein Handicap, sondern eine Chance

Diversity im Projektmanagement bedeutet, die soziale Vielfalt in der Projektarbeit zu erkennen und konstruktiv für neuartige und komplexe Aufgaben zu nutzen. Diversität umfasst die Unterschiede von Geschlecht, Alter, Ethnie, Behinderung, Sprache, Religion, kulturellen Wurzeln, Lebensstil, sexueller Orientierung, etc. Somit stellt Diversität in Projektteams kein Handicap dar, sondern ein Problemlösungspotential.

Resümee: Soziale Kompetenz ist vor allem eine Haltungsfrage, eine wertschätzende Einstellung Menschen gegenüber, die einen respektvollen Umgang miteinander anstrebt – und keine Sozial-Technologie, die Instrumente zur effizienten Manipulation von Projektbeteiligten anbietet. Soziale Kompetenz will weder eine „Kuschel-Partie“ noch ein „Basisdemokratisches Wunschkonzert“ in Projekten etablieren, sondern einen sensiblen, achtsamen Umgang miteinander auf der Beziehungsebene fördern, um Sachziele gemeinsam gezielt und effektiv erreichen zu können.

© Foto Weinwurm
Gastautor Dr. Christian Majer ist Leiter des majer-rejam The Performance Institute und Organisationsberater sowie Coach für integrierte Management-Systeme.

 

Buchtipp: Ch. Majer / B. Schaden / L. Stabauer: Entfachen Sie das Teamfeuer, Soziale Kompetenz – DER Erfolgsfaktor im Projektmanagement. Pilum, 2019.

Bildcredits: © NDABCREATIVITY-stock.adobe.com 

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