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HR-News

Rechtliche Fragen bei der Lehrlingsausbildung

Für minderjährige Lehrlinge gelten im Betrieb besondere rechtliche Vorschriften. Was Lehrbetriebe beachten müssen.

Der Lehrvertrag:

Dieser muss zwingend in schriftlicher Form abgeschlossen werden. Die Lehrlingsstelle bietet standardisierte Formulare an. Bei minderjährigen Lehrlingen muss auch der/die gesetzliche Vertreter:in den Vertrag unterschreiben. Der Lehrvertrag muss binnen drei Wochen nach Beginn der Ausbildung der Lehrlingsstelle zur Protokollierung vorgelegt werden. Die Protokollierung des Vertrags ist Voraussetzung für die spätere Zulassung des Lehrlings zur Lehrabschlussprüfung.

Die Bezahlung:

Das Lehrlingsentgelt ist im jeweiligen Kollektivvertrag (KV) geregelt. Wenn es keinen KV gibt, dann muss es individuell vereinbart werden. Während die alte Rechtslage von 2015 noch vorsah, dass für die ersten beiden Jahre keine Beiträge zur Krankenversicherung bezahlt werden müssen, sind seit 2016 Krankenversicherungsbeiträge für die gesamte Dauer der Lehrzeit zu entrichten. Für Betriebe gibt es eine Reihe von Förderungen für die Ausbildung von Lehrlingen. Die Lehrlingsstelle informiert.

Die Probezeit bzw. Auflösung:

Die ersten drei Monate der Lehrzeit gelten als Probezeit. Während dieser können Lehrling und Arbeitgeber:in das Ausbildungsverhältnis ohne Angabe von Gründen lösen (nur schriftlich). Auch danach gibt es unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit, ein Lehrverhältnis zu lösen (siehe Kasten unten).

Die Arbeitszeiten:

Für die Beschäftigung von Jugendlichen unter 18 Jahren gelten besondere Schutzbestimmungen, die im Kinder- und Jugendbeschäftigungsgesetz geregelt sind. Für Lehrlinge über 18 Jahre gilt das Arbeitszeitgesetz.

Die Wochenarbeitszeit beträgt 40 Stunden, die tägliche Arbeitszeit acht Stunden. Sie kann auf bis zu neun Stunden ausgedehnt werden, wenn dadurch eine längere Wochenfreizeit – z.B. ein längeres Wochenende – erreicht wird. Eine Verlängerung der Wochenarbeitszeit auf bis zu 45 Stunden ist erlaubt, wenn der Lehrling innerhalb eines mehrwöchigen Durchrechnungszeitraumes nicht mehr als 40 Stunden pro Woche arbeitet. Die Durchrechnungsmöglichkeit ist an einige Voraussetzungen gebunden.

Lehrlinge dürfen – wenn sie älter als 16 Jahre sind – für Vor- und Abschlussarbeiten maximal eine halbe Überstunde pro Tag leisten.

Zwischen 20 Uhr abends und sechs Uhr morgens dürfen jugendliche Lehrlinge nicht arbeiten. Ausnahmeregelungen gibt es für einige Branchen und Berufe, etwa das Gastgewerbe, Bäcker und mehrschichtig arbeitende Betriebe. An Sonn- und Feiertagen gibt es ein grundsätzliches Beschäftigungsverbot für Jugendliche. Für das Gastgewerbe gibt es allerdings auch hier Ausnahmeregelungen.

Die Ruhezeiten:

Nach mehr als viereinhalb Stunden Arbeitszeit haben Jugendliche Anspruch auf eine halbe Stunde Pause. Spätestens nach sechs Stunden ist diese Ruhepause zwingend zu konsumieren. Nach Ende der täglichen Arbeitszeit steht dem Jugendlichen eine ununterbrochene Ruhezeit von mindestens zwölf Stunden zu. Jugendliche unter 15 Jahren müssen ab Arbeitsbeginn innerhalb von 24 Stunden mindestens 14 Stunden Ruhezeit haben.

 

Die größten Irrtümer zur Lehrlingsausbildung

1. Lehrverhältnisse sind unauflösbar

Ausbildungsverhältnisse können schon aufgelöst werden, und zwar:

  • in der 3-monatigen Probezeit jederzeit ohne Begründung,
  • einvernehmlich jederzeit,
  • Bei Vorliegen bestimmter Gründe (strafbare Handlung, beharrliche Pflichtverletzung usw.) ist eine vorzeitige Auflösung durch den Lehrherrn möglich (ev. vorher schriftlich ermahnen).
  • Eine außerordentliche Auflösung durch den Betrieb ist am Ende des 1. und des 2. Lehrjahres möglich. Davor muss ein Mediationsverfahren durchlaufen werden.
2. Ohne Meister:in kann man nicht ausbilden

Die Ausbildungsberechtigung wird trotzdem erteilt, wenn es Fachpersonal im Betrieb gibt und ein:e Mitarbeiter:in den Ausbilderkurs innerhalb von 18 Monaten nachholt. Der Lehrling darf währenddessen bereits ausgebildet werden. Für den Ausbilderkurs gibt es auch e-Learning-Angebote, er wird vom waff gefördert.

3. Im Betrieb gibt es keine getrennten Toiletten

Getrennte Toiletten, Wasch- und Umkleideräume sind erst ab fünf männlichen und fünf weiblichen Mitarbeiter:innen, die regelmäßig im Betrieb anwesend sind, einzurichten.

4. Mein Betrieb deckt nicht das gesamte Berufsbild ab

Durch einen Ausbildungsverbund mit einem anderen Betrieb oder der Teilnahme des Lehrlings an einem Kurs können fehlende Teile des Berufsbilds ergänzt werden. Mehr als die Hälfte der Inhalte sollte der Lehrbetrieb jedoch selbst vermitteln können.

5. Die Lehrlingsausbildung ist zu teuer

Ausbilden rechnet sich: Spätestens kurz nach Ende der Lehrzeit übersteigen die Erträge die Kosten. Lehrbetriebe werden zudem gefördert.

 

Mehr zu aktuellen Themen rund um die Lehrlingsausbildung finden Sie auf der Website der Lehrlingsstelle Wien.

Bildcredit: © Robert Kneschke/Stock.adobe.com

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