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Klicks. Kommentare. Likes. Impressions. Follower. Marco Seltenreich, Experte für Storytelling, weiß: Wer heutzutage Content bereitstellt, will vor allem zählbare, messbare und vergleichbare Aufmerksamkeit, eine „Reader Journey“, die sich gewaschen hat, und das gewisse Etwas, das bestenfalls viral geht.
Doch wie so vieles andere ist auch die Suche nach Aufmerksamkeit im Storytelling gehörig ausgeufert. Um im täglichen Überangebot an „sensationellen“ Meldungen auf Social Media bzw. bei Presseaussendungen bestehen zu können, wird über Gebühr in die Trickkiste gegriffen. Das Problem dabei: So manche Magie entpuppt sich recht schnell als „fauler Zauber“.
Das Netz und Medien sind überflutet von unbezahlbaren Geheimtipps, Unglaublichkeiten, einmaligen Möglichkeiten und Versprechungen, die in den meisten Fällen zwar als Basis-Lockmittel funktionieren, am Ende Leser:innen jedoch frustriert oder verärgert zurücklassen. Denn sehr oft entpuppen sich diese Geschichten dann doch nur als clevere Headline, die – sagen wir es mal unverblümt – Leser:innen gnadenlos zum Narren halten, um Klicks zu erzielen.
Hoch hinaus geht manchmal in die Hose
Ein aktuelles Beispiel aus dem Chronik-Bereich: Die Schlagzeile „Zweijähriger schafft es bis ins Basislager am Mount Everest“ weckte im Jänner 2024 Erwartungen, die die reale Geschichte nicht erfüllen konnte. Die entstehenden Bilder von einem forsch bei Minusgraden marschierenden Knirpses waren ein Trick.
Die Wahrheit – und mit der musste die Geschichte über kurz oder lang herausrücken – war weitaus weniger sensationell: Das Kleinkind war ungefragt und unfreiwillig am Rücken seines Vaters zum Camp auf 5.346 Meter Höhe geschleppt worden.
Sobald man dies herausfindet, macht sich Ernüchterung breit. Man ist einer bewusst verdrehten Schlagzeile auf den Leim gegangen. Die Erwartungen an eine herzerfrischend positive Geschichte hatten sich nicht erfüllt und vielmehr als fahrlässiges Himmelfahrtskommando von Eltern entpuppt, die zu allem Überfluss dabei noch höhenkrank wurden und ihr Kind gefährdet hatten.
Aufrichtigkeit schlägt Aufmerksamkeit
Eine ewige Grundregel im Storytelling geht bei der aufmerksamkeitszentrierten Content-Erstellung sehr oft als erste über Bord: Die Glaubwürdigkeit.
Es sind nicht die reißerischen Dramen und Sensationen, die nachhaltig positive Emotionen gegenüber Personen, Produkten oder Unternehmen schüren, sondern wie originell und interessant seriöse Angebote und Kompetenzen verpackt werden. Für das Image gewisser Unternehmen, Medien oder Personen kann die Auswahl und der gewählte Ansatz einer publizierten Geschichte sogar wichtiger sein als die Story selbst.
Auch wenn man dies angesichts der heutigen Medienlandschaft kaum mehr glauben mag: Langfristig betrachtet, schlägt Aufrichtigkeit immer Aufmerksamkeit. Menschen lassen sich von Geschichten gerne verzaubern, begeistern, mitreißen und motivieren – doch nur, wenn das Ende authentisch, nachvollziehbar und bereichernd ist.
Wenn am Ende einer Story Enttäuschung bleibt, erweist sich die erreichte Aufmerksamkeit als wirkungslos bzw. manchmal sogar als kontraproduktiv.
Aber das ist eine andere Geschichte …
Marco Seltenreich ist Experte für Storytelling und Autor zahlreicher Fach- und Sachbücher. Der Vater von zwei erwachsenen Kindern lebt und arbeitet in Wien. Derzeit ist er in der Konzernkommunikation eines internationalen Konzerns beschäftigt. Im WIFI Wien ist er als Trainer für das Firmen Intern Training tätig.
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Bildcredits: © Artur – stock.adobe.com